Nebenkostenabrechnungen haben oft Schockwirkung. Wurden für die Hausmeistertätigkeit in den Vorjahren vielleicht noch 125,77 € berechnet, rechnet der Vermieter jetzt plötzlich das Doppelte ab.
Weichen einzelne Nebenkosten stark vom Durchschnitt ab, fragt sich der Mieter, welche Rechte er denn hat? Ähnlich ist die Situation, wenn der Heizungsverbrauch im Verhältnis zu dem, was in anderen Immobilien abgerechnet wird, so stark abweicht, dass sich der Mieter fragt, was er tun kann.
Angriff und Verteidigung beider Parteien richtet sich danach, wer für was beweispflichtig ist. Hierbei zählen vielfältige strategische Erwägungen, die sich ohne anwaltliche Beratung im Einzelfall kaum pauschal darstellen lassen. Der Beitrag gibt einen Überblick, wo mögliche Ansätze liegen.
Inhalt: Was tun bei stark abweichenden Nebenkosten?
- Mieter hat Recht, Einwendungen vorzutragen
- Zahlung unter Vorbehalt
- Einsichts- und Prüfungsrecht des Mieters
- Inhalte und Ausgestaltung des Einwendungsrechts
- Ursachenforschung betreiben!
- Stimmt der Abrechnungszeitraum?
- Leerstandsbedingte Nebenkosten sind Vermieterrisiko
- Berufung auf Betriebskostenspiegel genügt nicht
- Berufung auf mangelhaften technischen Standard genügt nicht
- Vermieter hat keine Modernisierungspflicht (Grundsatz)
- Modernisierungspflicht des Vermieters nach EnEV 2014
- Eventueller Schadensersatzanspruch des Mieters
- Klage des Mieters auf Nebenkostenerstattung
- Fazit
1. Mieter hat Recht, Einwendungen vorzutragen
Der Mieter hat das Recht, Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung spätestens bis 12 Monate nach Zugang der Abrechnung dem Vermieter mitzuteilen (§ 556 III S. 5 BGB). Danach ist sein Vortrag verfristet.
2. Zahlung unter Vorbehalt
Der Mieter kann eine Nachforderung des Vermieters unter Vorbehalt zahlen. Er behält sich damit das Recht vor, die Abrechnung noch zu prüfen und eventuell zu viel bezahlte Beträge zurückzufordern.
3. Einsichts- und Prüfungsrecht des Mieters
Der Mieter hat ferner das Recht, die Abrechnung samt der dafür maßgeblichen Abrechnungsunterlagen einzusehen und zu prüfen (§ 259 BGB: Rechenschaftspflicht bei einer mit Einnahmen und Ausgaben verbundenen Verwaltung). Das Prüfungsrecht ist Voraussetzung, um Einwendungen geltend machen zu können. Der Mieter kann und muss sein Einsichtsrecht in den Geschäftsräumen des Vermieters oder der Hausverwaltung ausüben (BGH ZMR 2006, 358). Dort kann er Einsicht in die der Nebenkostenabrechnung zu Grunde liegenden Abrechnungsunterlagen nehmen.
Nur der Mieter von preisgebundenem Wohnraum hat Anspruch auf die Überlassung von Kopien (§ 29 I NMV). Er muss sich aber bereit erklären, die dem Vermieter entstehenden Kosten zu tragen (§ 29 II NMV). Der Vermieter kann für die Überlassung von Kopien eine Kostenerstattung von ci. 0,25 € je Kopie verlangen (LG Berlin GE 2002, 1563). Mieter von preisfreiem Wohnraum haben im Gegensatz zu Mietern von preisgebundenem Wohnraum allerdings keinen rechtlichen Anspruch auf Überlassung von Kopien (BGH DWW 2006, 279). Ein Anspruch besteht allenfalls dann, wenn die Einsichtnahme aufgrund der örtlichen, zeitlichen oder persönlichen Umstände für den Mieter nicht zumutbar ist (BGH ZMR 2006, 361).
4. Inhalte und Ausgestaltung des Einwendungsrechts
Einwendungen des Mieters müssen substantiiert vorgetragen werden. Einwendungen “ins Blaue hinein“ genügen nicht. Wenn die Nebenkosten stark vom Durchschnitt abweichen, muss der Mieter vortragen, aufgrund welcher Gegebenheiten er diese Abweichung behauptet.
5. Ursachenforschung betreiben!
Oder: Der Vermieter rechnet 200 € Müllgebühren ab, obwohl diese laut städtischer Auskunft nur 120 € betragen dürften. Da die Nebenkosten auch für den Vermieter nur durchlaufende Posten sind und der Vermieter keinen Gewinnaufschlag vornehmen darf, kann der Vermieter ihm zugehende Gebührenbescheide nicht beliebig erhöhen.
Weicht eine Position im Verhältnis zu den Abrechnungen der Vorjahre ungewöhnlich ab, ist der Vermieter aufzufordern, die Abweichung zu erklären. Ein Grund kann auch darin bestehen, dass als Umlageschlüssel die Personenzahl in der Mieterwohnung vereinbart ist. Heiratet der Mieter und bekommt Drillinge, erhöht sich zwangsläufig auch seine Nebenkostenabrechnung.
Der Einwand, eine bestimmte Nebenkostenposition sei unwirtschaftlich, ist allenfalls relevant, wenn der Abschluss des Vertrages, der die Höhe der vom Mieter zu tragenden Nebenkosten beeinflusst, in die Zeit des jeweiligen Mietverhältnisses fällt (BGH VIII ZR 107/08). Vereinbarungen vor Beginn des Mietverhältnisses kann der Mieter nicht beanstanden.
6. Stimmt der Abrechnungszeitraum?
Zunächst ist der Vermieter verpflichtet bei vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen jährlich eine Nebenkostenabrechnung zu erstellen (§ 556 III BGB). Dabei ist darauf zu achten, dass die Nebenkostenabrechnung sich auf den gesetzlich vorgegebenen Abrechnungszeitraum von maximal einem Jahr bezieht. Rechnet der Vermieter beispielsweise 20 Monate ab, ergibt sich zwangsläufig ein höherer Nebenkostenansatz. Eine solche Abrechnung werde jedoch gesetzeswidrig.
7. Leerstandsbedingte Nebenkosten sind Vermieterrisiko
Ein Ansatzpunkt kann darin bestehen, dass der Vermieter leerstandsbedingte Nebenkosten auf die anderen Mieter umlegt. Da dann ein Mieter ausfällt, erhöhen sich die Nebenkosten für die anderen Mieter. Nach dem Gesetz muss der Vermieter das Leerstandsrisiko selbst tragen. Es ist seine Aufgabe, die durch Leerstand bedingten Betriebskosten so weit wie möglich zu senken (Heizkörper auf Forstschutz stellen; Stilllegung von Gebäudeteilen; Reduzierung von Fixkosten durch Verringerung der Zahl der Mülltonnen; Antrag auf Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG).
8. Berufung auf Betriebskostenspiegel genügt nicht
Der Mieter kann sich auch nicht auf den vom deutschen Mieterbund herausgegeben Betriebskostenspiegel für Deutschland berufen. Der Zusammenstellung komme im Hinblick auf die nach Region und Gemeinde unterschiedlichen Kostenstrukturen keine hinreichende Aussagekraft im Einzelfall zu. Die Pauschalierung von Betriebskosten ohne Berücksichtigung technischer, objektbezogener, jahreszeitlicher oder regionaler Besonderheiten sei ohne Aussagekraft (BGH VIII ZR 340/10 in NJW 2011, 3028).
9. Berufung auf mangelhaften technischen Standard genügt nicht
Auch wenn die Heizungsanlage unwirtschaftlich arbeitet, kann der Mieter dies nicht beanstanden. Er kann nur erwarten, dass die Heizungsanlage denjenigen technischen Standard aufweist, der maßgeblich war, als das Gebäude gebaut wurde (BGH VIII ZR 287/12 in WuM 2013, 481).
Solange die Heizungsanlage dem bei der Errichtung der Immobilie maßgeblichen technischen Standard entspricht und fehlerfrei arbeitet, ist kein Mietmangel begründet (BGH Urt.v. 18.12.2013 – XII ZR 80/12, Fundstelle: openJur 2014, 3591). Der Mieter hat unter diesen Gegebenheiten die Wohnung angemietet. Sie entspricht dem vertragsgemäßen Gebrauch.
Siehe dazu: „Sehr hohe Heizkosten – ist eine Mietminderung möglich?
Der Eigentümer braucht die Anlage auch nicht technisch so aufrüsten, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. Das Gesetz verpflichtet den Vermieter grundsätzlich nicht, die Heizungsanlage zu modernisieren (Ausnahme Modernisierungspflicht nach Energieeinsparverordnung).
Ein Mietmangel wurde jedoch angenommen, wenn die Heizungsanlage aufgrund technischer Überalterung nur noch extrem unwirtschaftlich arbeitet (LG Berlin MM 1996, 125). Die Unwirtschaftlichkeit kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die Heizungsanlage bedienungsintensiv ist und die Lohnkosten für die Wartung zu vergleichsweise unverhältnismäßig hohen Gesamtkosten führen. Eventuelle Mehrkosten führen dann zur Mietminderung (LG Berlin MM 1996, 125). Die Nebenkostenabrechnung selbst lässt sich damit aber nicht beanstanden.
10. Vermieter hat keine Modernisierungspflicht (Grundsatz)
Der Vermieter ist zur Vermeidung überdurchschnittlicher Nebenkosten nicht verpflichtet, das Gebäude zu modernisieren. Ausnahme: EnEV 2014.
11. Modernisierungspflicht des Vermieters nach EnEV 2014
Veraltete Öl- und Gaskessel, die bis 1985 eingebaut und somit im Jahr 2015 älter als 30 Jahre sind, müssen bis 2015 außer Betrieb genommen und ersetzt werden. Heizungsanlagen die nach dem 1. Januar 1985 eingebaut wurden, müssen nach 30 Jahren ersetzt werden. Grundlage ist die EnEV 2014. Die EnEV begründet keinen direkten Rechtsanspruch des Mieters gegen den Vermieter, eine neue Heizungsanlage einzubauen und damit den Energieverbrauch zu reduzieren.
12. Eventueller Schadensersatzanspruch des Mieters
13. Klage des Mieters auf Nebenkostenerstattung
Will der Mieter die Nebenkostenabrechnung nicht akzeptieren, kann er klagen. Es ist Aufgabe des Vermieters, den Anfall bestimmter Nebenkosten darzulegen und zu beweisen. Der Vermieter kann noch im laufenden Prozess die Abrechnung korrigieren und konkretisieren.
14. Fazit
Will der Mieter gegen eine überdurchschnittlich hohe Nebenkostenabrechnung vorgehen, sollte er zunächst Einsicht in die Abrechnungsunterlagen nehmen und feststellen, auf welcher Grundlage eine Nebenkostenposition abgerechnet wurde. Ist eine Position zu beanstanden, sollte er den Vermieter informieren und auffordern, die Position zu korrigieren. Weigert sich der Vermieter, kann der Mieter eine Nachforderung unter Vorbehalt zahlen und in schwierigen Fällen gerichtlich vorgehen.
21. Juni 2016 - 04:41
Und wenn z.B. die Kosten unter “Hausmeister” extrem steigen, weil der Vermieter von eigenen Angestellten auf einen externen Dienstleister wechselt, der wesentlich teurer ist – muss man das akzeptieren?
Wie sieht es aus mit Kosten für Gartenpflege, wenn der “Garten” ein gepflasterter Hof ist?
Gilt dann ein Kehren (oder modern mit Laubbläser) im Hof , ggf auch zwischen den Mülltonnen, alle 14 Tage für 15 Minuten schon als “Gartenpflege” und kann zusätzlich zu “Hausmeister” abgerechnet werden? Und das auch noch mit 100 Euro pro Monat (für das gesamte Haus)?
21. Juni 2016 - 12:58
Hallo Kafka,
grundsätzlich obliegt es dem Vermieter, ob er einen Hausmister anstellt oder einen externen Dienstleister beauftragt. Allerdings muss dieser das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten.
Auch die Pflege der Außenanlagen ist in der Regel über die Nebenkosten umlegbar.
Viele Grüße
Dennis Hundt
23. Dezember 2016 - 09:12
Hallo,
Danke erstmal für diese tolle Seite!
Ich habe eine Nebenkostenabrechnung für eine Wohnung bekommen in der ich nicht mehr wohne und soll nun 280 € nachzahlen obwohl ich letztes Mal sogar etwas zurück bekommen habe. Ich habe die Posten geprüft und mir ist aufgefallen, dass der Wasserverbrauch mehr als 100% höher als in den 5 Jahren zuvor ist. Der Wasserverbrauch von ca. 20 Parteien kann sich doch nicht verdoppeln? Außerdem sind die Heizkosten niedriger als im Jahr davor, was einem erhöhten Verbrauch entgegen spricht, weil man ja dann auch mehr warmes Wasser verbrauchen würde. Da im Innenhof ein neues Gebäude errichtet wurde liegt die Vermutung nahe, dass hier Kosten auf die Mieter umgelegt wurden. Das kann ich dann aber vermutlich nicht beweisen…Wie sehen Sie die Chancen wenn das vor Gericht gehen sollte?
VG Alex
18. März 2018 - 23:30
Vermieter von Sozialwohnungen akquiriert günstige Dienstleister z.B. für Außenreinigung und Grünanlagenpflege, setzt dann eine Marge auf die tatsächlichen Kosten (“Marktpreisanpassung”), und stellt den Mietern von Sozialwohnungen diese Leistungen dann mit eigenem Gewinn in Rechnung. Somit verdient der Vermieter sowohl an den Mieten als auch an den Nebenkosten.
Frage: Ist dieses Procedere des Vermieters legal?