Auch im Zeitalter des gläsernen Bürgers wird um Daten ein Geheimnis gemacht. Auch um solche, für die eigentlich kein Anlass besteht, sie als Geheimnis zu betrachten. Jedenfalls ist es so, dass für den Energieverbrauch eines Mieters an Heizung und Warmwasser oder Strom kein nachvollziehbares vernünftiges Interesse besteht, diesen als geheim einzuordnen. Es gibt nämlich kein Energiegeheimnis.
In diesem Artikel geht es speziell um die Offenlegung und die Einsicht in den Energieverbrauch einzelner Mieter. Denn wenn es den Nachbarn (berechtigt) interessiert, wie hoch der Heiz- und/oder Warmwasserverbrauch eines Mieters ist, stehen alle beteiligenden vor der Frage, ob der Vermieter die Information rausgeben darf oder nicht.
Inhalt: Datenschutz für Energieverbrauch des Mieters?
1. Art der Abrechnung des Energieverbrauchs
a. Vermieter rechnet Energieverbrauch ab
b. Mieter rechnet Energieverbrauch selbst ab
2. Datenschutz rechtfertigt kein „Energiegeheimnis“
3. Vermieter hat ein berechtigtes Interesse
4. So urteilen die Gerichte zum „Energiegeheimnis“
5. Mieter haben Einsichtsrecht in Verbrauchsdaten anderer Mieter
1. Art der Abrechnung des Energieverbrauchs
a. Vermieter rechnet Energieverbrauch ab
Soweit der Vermieter den Energieverbrauch abrechnet, kennen er und die meist beauftragte Abrechnungsfirma den Energieverbrauch eines jeden einzelnen Mieters im Detail. Insoweit gibt es keine Geheimnisse.
b. Mieter rechnet Energieverbrauch selbst ab
Soweit der Mieter den Energieverbrauch selbst direkt mit dem Energieversorgungsunternehmen abrechnet, weiß der Vermieter nicht, welchen Energieverbrauch der Mieter hat. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Wohnung über eine Gasetagenheizung geheizt wird oder der Mieter Direktlieferverträge hat, die Zähleinrichtungen verdeckt sind und der Vermieter keinen Zugang dazu hat.
Für den Vermieter ist der Energieverbrauch insoweit wichtig, als er gesetzlich nach der Energieeinsparverordnung verpflichtet ist, Mietinteressenten einen Gebäudeenergieausweis vorzulegen. Will er dann den Energieverbrauch berechnen, ist er auf die Information des Mieters oder die Information von dessen Energieversorgungsunternehmen angewiesen. Im Alltag gibt es immer wieder Fälle, in denen Mieter oder Energieversorger die Herausgabe der Daten verweigern. Die Blockadehaltung ist nicht begründet. Sie lässt sich rechtlich nicht rechtfertigen. Im Gegenteil: Sie erscheint rechtswidrig.
2. Datenschutz rechtfertigt kein „Energiegeheimnis“
3. Vermieter hat ein berechtigtes Interesse
Selbst wenn man ein solches Persönlichkeitsrecht des Mieters annehmen wollte, kann sich der Vermieter auf ein berechtigtes Interesse im Sinne § 28 BDSG berufen. Sein Interesse besteht darin, dass er seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Erstellung eines Energieausweises nur nachkommen kann, wenn er den Energieverbrauch einer jeden einzelnen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus kennt.
Wollte der Mieter die Einsichtnahme verweigern und sich auf ein Energiegeheimnis berufen, würde er dem Vermieter Schaden zuführen. Der Vermieter müsste dann nämlich statt des verbrauchsorientierten Energieausweises einen wesentlich teureren Bedarfsausweis erstellen lassen. Da auch der Mieter gegenüber dem Vermieter eine gewisse Fürsorge- und Treuepflicht hat, würde er seine mietvertraglichen Verpflichtungen verletzen. Letztlich wäre es vom Zufall abhängig, ob der Mieter selbst direkt mit dem Energieversorger abrechnet oder der Vermieter die Abrechnung erledigt.
Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass der Energieverbrauch des Mieters, soweit er für die Erstellung des Energieverbrauchs der gesamten Immobilie verwendet wird, anonymisiert wird und zumindest für Dritte nicht erkennbar ist, welchen Energieverbrauch der Mieter konkret hatte.
4. So urteilen die Gerichte zum „Energiegeheimnis“
Gleichermaßen entschieden das AG Dortmund (512 C 42/13) und das LG Berlin (65 S 141/12 in GE 2013, 1143). Teils wird lediglich verlangt, dass die Abrechnungsunterlagen, die tatsächlich datenschutzrechtlich relevante Daten enthalten, zu schwärzen sind (LG Berlin 65 141/12 in GE 2013, 1143), z.B. Geburtsdatum.
Die entgegenstehenden Entscheidungen des AG Berlin (19 C 122/12) und AG Karlsruhe (8 C 185/08 in GE 2008, 1269) erscheinen insoweit als neben der Sache liegend.
5. Mieter haben Einsichtsrecht in Verbrauchsdaten anderer Mieter
Es gibt ein weiteres Argument. Die Rechtsprechung gesteht dem Mieter zu, in die Verbrauchsdaten der übrigen Mitmieter Einsicht zu nehmen. Datenschutzrechtliche Bedenken wurden insoweit nicht erhoben (z.B. AG Garmisch-Partenkirchen WuM 1996, 155; AG Berlin Charlottenburg GE 2005, 805. Auch insoweit ist es unverständlich, wenn man dem Vermieter ein entsprechendes Recht verweigern wollte.
Link: Einsichtsrecht für Mieter in Nebenkostenabrechnung der Nachbarn
Sinnvoll erweist sich das Einsichtsrechts vor allem dann, wenn der Mieter für seine Wohnung einen ungewöhnlich hohen Verbrauch feststellt.
Link: Nebenkosten weichen stark vom Durchschnitt ab – Rechte des Mieters
Zugleich hat der Mieter ein anerkanntes Einsichtsrecht in die Originalabrechnungsunterlagen des Vermieters. Auch der Vermieter kann sich nicht auf ein irgendwie geartetes „Energiegeheimnis“ berufen. Vielmehr ist er verpflichtet, dem Mieter Einblick in die Abrechnungsunterlagen zu gewähren.
6. Ausblick in die Zukunft
§ 3 S. 2 Energieeinspargesetz bestimmt, dass in einer Rechtsverordnung Regelungen zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der bei der Erfassung von Verbrauchsdaten anfallenden personenbezogenen Daten zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit, insbesondere zur Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität der Daten, getroffen werden können.
Das damit begründete erhöhte datenschutzrechtliche Regelungsbedürfnis ergibt sich nach der Gesetzesbegründung aber daraus, dass die verbrauchsrelevanten Daten teilweise auch mittels Funk übermittelt werden können. Möglicherweise wird die Heizkostenverordnung um eine Datenschutzregelung ergänzt. Eine Regelung ist steht jedoch aus.
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