Mieter erleben nicht selten nach dem Einzug eine böse Überraschung, wenn die erste Nebenkostenabrechnung ins Haus flattert. Da zieht man in eine schöne 100 m² große Wohnung mit einer moderaten Kaltmiete zzgl. 100 Euro monatlichen Nebenkosten laut Mietvertrag und dann das: Der Vermieter verlangt eine Nachzahlung für Nebenkosten in Höhe von 1.500,00 Euro! Und nun? Kann man als Mieter eine so hohe Nachzahlung verweigern und darauf bestehen, dass man nicht mehr zahlt als im Mietvertrag abgemacht? Ist es rechtlich zulässig, dass der Vermieter einen viel zu niedrige Nebenkostenvorauszahlung angibt? Der Bundesgerichtshof entschied, dass eine zu niedrige Angabe der Vorauszahlung den Mieter nicht von der Nachzahlungspflicht befreit, da er bei Vorauszahlungen nicht darauf vertrauen darf, dass die Kosten am Ende nicht doch höher sind. Etwas anderes gilt nur bei ganz bewussten Lockvogelangeboten von Vermietern, die bewusst niedrige Nebenkosten wahrheitswidrig angeben (BGH im Urteil vom 11. Februar 2004 Az.: VIII ZR 195/03).
Mehr zu der Entscheidung des BGH und was Mieter tun können wenn die Nebenkosten höher sind als im Mietvertag vereinbart, erfahren Sie im nachfolgenden Artikel.
Inhalt: Nebenkosten höher als im Mietvertrag – Was tun?
I. Vermieter darf angemessene Vorauszahlungen verlangen
II. Kein Anspruch bei zu niedrigen Nebenkosten in „Lockvogelangeboten“
III. Das können Mieter tun: Nebenkostencheck und Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung
I. Vermieter darf angemessene Vorauszahlungen verlangen
In der Praxis sind es allerdings weniger Mieter und Vermieter gemeinsam die den Vorauszahlungsbetrag bestimmen: Vielmehr verlassen sich Mieter hier auf die Angaben des Vermieters, in der Annahme, dass dieser aufgrund der Erfahrungswerte mit Nebenkostenabrechnungen vorheriger Mieter den Anfall der Nebenkosten realistisch beurteilen kann. Das ist grundsätzlich auch nicht verkehrt, denn nach dem BGH muss der Mieter bei allen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Höhe der Nebenkostenvorauszahlung stehen, immer darauf Rücksicht nehmen, dass alles in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht (BGH, Entscheidung vom 06.07.2011, Az.: VIII ZR 340/10; BGH, Entscheidung vom28.11.2007, Az.: VIII ZR 243/06). Vermieter haben aber keine rechtliche Pflicht, bei Abschluss eines Mietvertrages die Nebenkostenvorauszahlungen kostendeckend zu kalkulieren (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004, Az.: VIII ZR 195/03).
Falsch ist es daher nach Ansicht des BGH, wenn man als Mieter darauf vertraut, dass die vereinbarte und gezahlte Nebenkostensumme den voraussichtlichen Abrechnungsbetrag komplett deckt (BGH im Urteil vom 11. Februar 2004 Az.: VIII ZR 195/03). Gerade weil eine absolut kostendeckende Berechnung der Vorauszahlungen in der Praxis oft nicht möglich ist, ist es dem Vermieter erlaubt zu niedrige Vorauszahlungen zu verlangen. Nur viel zu hohe Nebenkostenvorauszahlungen sind nach dem BGH unzulässig. Ein Vermieter, der die Nebenkosten zu niedrig veranschlagt, schadet sich am Ende nur selbst, da er in Vorleistungspflicht ist. Mieter dagegen wissen, dass Vorauszahlungen eben nur dazu da sind, um die Zahlung des Nebenkostenjahresbetrages zu erleichtern. Denn, es wird alles was der Mieter bereits vorauszahlt, bei der Nebenkostenabrechnung gutgeschrieben. Ein Nachteil für Mieter ist daher grundsätzlich nicht erkennbar, wenn man zu niedrige Vorauszahlungen vereinbart (LG Düsseldorf, 08.03.2012, Az.: I-24 U 162/11; BGH, Entscheidung vom 28.04.2004, Az.: XII ZR 21/02).
Die Vereinbarung einer bestimmten Vorauszahlungssumme für die Nebenkosten im Mietvertrag bedeutet eben nicht, dass nichts mehr dazu kommen kann oder die Nebenkosten am Ende nicht höher sein dürfen als im Mietvertrag vereinbart (BGH im Urteil vom 11. Februar 2004 Az.: VIII ZR 195/03).
II. Kein Anspruch bei zu niedrigen Nebenkosten in „Lockvogelangeboten“
Im eingangs genannten Urteil des BGH erklärte das Gericht, dass ein Vermieter sich bei zu niedrig veranschlagten Nebenkosten allerdings unter gewissen Umständen auch schadenersatzpflichtig machen kann. Das ist jedenfalls dann so, wenn man als Vermieter dem Mieter bei Abschluss des Mietvertrages bewusst eine falsche und zu niedrige Höhe der Nebenkosten zusichert (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004, Az.: VIII ZR 195/03). So zum Beispiel in dem Fall, dass der Vermieter bei einer Wohnungsanzeige eine unrealistische Höhe der Nebenkosten angibt, um seine Chancen zu erhöhen schnell einen Mieter zu finden. Dafür muss der Vermieter dem Mieter aber bei Vertragsschluss ausdrücklich zusichern, dass die Nebenkosten angemessen sind, obwohl er die Kosten bewusst zu niedrig ansetzt, um den Mieter darüber zu täuschen welche monatliche Belastung durch Miete und Nebenkosten auf ihn zukommt (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004, Az.: VIII ZR 195/03).
Die Voraussetzungen für eine solche Täuschung über die Höhe der Nebenkosten sind also sehr eng und für Mieter oft schwer nachzuweisen. Außerdem bestätigte der BGH in diesem Zusammenhang, dass es eben nicht ausreicht, dass die Nebenkosten tatsächlich deutlich höher sind als im Mietvertrag vereinbart. Der Vermieter muss den Mieter zudem nicht darauf hinweisen, dass die Höhe der Nebenkosten im Mietvertrag voraussichtlich nicht kostendeckend ist und der Mieter bei der Nebenkostenabrechnung mit einer hohen Nachforderungen rechnen muss (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004, Az.: VIII ZR 195/03). Die Angabe der Vorauszahlungen kann nach dem BGH die tatsächlichen Kosten ohne weiteres nicht nur geringfügig, sondern auch deutlich unterschreiten: Eine Nachzahlung von 1.500,00 Euro ist danach also allein kein Täuschungsbeweis und der Mieter ist von der Bezahlung nicht befreit.
Mietertipp:
Um solche Lockvogelangebote bereits vor Mietvertragsabschluss zu erkennen, sollten Mieter sich nicht auf die Angabe der Nebenkosten durch den Vermieter verlassen. Hier hilft es, wenn man sich den Energieausweis und die letzten Nebenkostenabrechnungen des Vormieters zeigen lässt. Auch ein Blick in den örtlichen Betriebskostenspiegel kann Aufschluss darüber geben, wie realistisch die Angabe des Vermieters ist.
III. Das können Mieter tun: Nebenkostencheck und Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung
Stellt sich die Berechnung als richtig heraus und sind die tatsächlichen Nebenkosten einfach viel höher als im Mietvertrag vereinbart, sollten Mieter eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung für das kommende Abrechnungsjahr verlangen. Damit können zumindest für die Zukunft hohe Nachzahlungen vermieden werden. Die monatliche Belastung steigt aber damit.
Eine Anpassung der zu niedrig angesetzten Nebenkostenvorauszahlung auf einen angemessenen Nebenkostenbetrag ist grundsätzlich immer möglich. Das geht sowohl innerhalb des Abrechnungsjahres, wenn man sich darüber mit dem Vermieter einigt, als auch gemäß § 560 Abs. 4 BGB jeweils nach dem Erhalt einer Nebenkostenabrechnung. Danach kann jede Vertragspartei eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlung auf eine angemessene Höhe vornehmen. Vorausgesetzt ist nach § 560 Abs. 4 BGB nur, dass man als Mieter dem Vermieter in Textform mitteilt, dass man eine Anpassung durch Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung wünscht. Aus Vermietersicht gibt es regelmäßig keinen Grund ein solches Gesuch abzulehnen.
IV. Fazit
Auch wenn es ärgerlich ist, dass die Nebenkosten am Ende höher sind als im Mietvertrag vereinbart, kommen Mieter um eine Nachzahlung meistens nicht herum. Nur bei nachweislich bewusst zu niedrig veranschlagten Nebenkosten, kann sich für den Mieter ein Schadensersatzanspruch ergeben. Dieser Nachweis wird aber in der Praxis kaum zu erbringen sein. Mietern bleibt daher nur die Möglichkeit ihre Nebenkostenvorauszahlung durch eine Anpassung auf einen angemessen Betrag erhöhen zu lassen.
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